Mobiler Roboter dreht im BHKW seine Runden

Eine technologische Innovation ist seit Mitte Juni im Blockheizkraftwerk (BHKW) Altglienicke im Einsatz: Ein selbstfahrender Inspektionsroboter inspiziert täglich die Anlage, sammelt dabei Messwerte von Aggregaten und Armaturen und schaut nach dem Rechten. Routinekontrollen auf vier Rädern sozusagen – nur eben automatisiert und unterstützt durch Künstliche Intelligenz (KI). Der fahrende Helfer ist Gegenstand eines sechsmonatigen Testprojekts zur Bewertung der neuen Technologie.

„Der Roboter sieht aus wie ein großes ferngesteuertes Auto“, meint Jörg Wolde, Projektleiter für Digitalisierungsprojekte bei der BEW Berliner Energie und Wärme. „Er lässt sich für bestimmte Missionen programmieren oder fährt selbständig Inspektionsrunden, über die er anschließend Bericht erstattet. Gleichzeitig haben Mitarbeitende die Möglichkeit, sich aus der Ferne aufzuschalten, den Roboter per Controller zu steuern und so die Anlage bedarfsweise zu inspizieren – beispielsweise von der Warte im Märkischen Viertel aus.“
 

KI-basierte Fähigkeiten

Bedienbar ist der ungefähr 50 Kilogramm schwere Roboter über eine Softwareplattform des Projektpartners Energy Robotics. Hier laufen auch Echtzeit-Videostreams der Roboterkameras sowie alle erhobenen Daten auf. Um Informationen vor Ort aufzunehmen, verfügt der rollende Roboter über eine Überwachungskamera mit Richtungs- und Zoomsteuerung sowie eine Wärmebildkamera. Während seiner Inspektionsrunden im BHKW liest der Roboter Werte an vordefinierten Messpunkten ab, indem er Fotos von den jeweiligen Anzeigen erstellt. Die Bilder werden anschließend durch KI-gestützte Fähigkeiten ausgewertet. „Die Software stellt uns digitale Messwerte für abgelesene Drücke, Angaben zu Armatur- und Schaltstellungen sowie Hinweise zu möglichen Leckagen zur Verfügung“, erklärt Werksmeister Kay Deland. „Außerdem bietet die Wärmebildanalyse erste Hinweise auf mögliche Wärmeverluste.“

Zwei Missionen hat der Roboter vor Ort im BHKW Altglienicke bereits gelernt, indem das interne Projektteam der BEW ihn zunächst manuell zu den jeweils relevanten Kontrollpunkten der geplanten Inspektionsrunden geführt hat. Diese Punkte wurden dann in der Benutzeroberfläche in der gewünschten Reihenfolge in einer 3D-Karte gespeichert und benannt. Bediener*innen können die Inspektionspunkte der Missionen nun bei Bedarf auch einzeln auswählen. Der Roboter setzt sich dann in Bewegung und sammelt Informationen von diesen Stellen ein, die Software bereitet die Daten anschließend auf.

Gemeinsam mit Energy Robotics hat ein sechsköpfiges Projektteam um Jörg Wolde das Robotik-Projekt mit dem Namen „Autonomous Inspection“ in den vergangenen Monaten vorbereitet. „Jetzt können wir in den nächsten sechs Monaten den möglichen Nutzen dieser Technologie in Erfahrung bringen“, so Julia Bleicher vom Tagesdienst der dezentralen Anlagen. Interessant ist ein Robotereinsatz samt Datenauswertung via Online-Plattform im BHKW Altglienicke allein schon deshalb, weil die Anlage 72 Stunden lang ohne Beaufsichtigung betreibbar ist. „So sind aktuelle Daten auch dann verfügbar, wenn niemand vor Ort ist”, meint Bleicher. Kai-Uwe Kempe, Leiter Tagesdienst ergänzt: „Dies ist insbesondere auch wichtig, um Meldungen von Einbruchmeldeanlage sowie Gas- oder Rauchmeldern zu verifizieren. Bei Fehlalarmen können wir unnötige Fahrtwege durch den Berliner Stadtverkehr vermeiden.“

 

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Mit seiner dreh- und schwenkbaren Überwachungskamera erfasst der Roboter jeden Winkel im BHKW.
 

Fehler-Logbuch in der Testphase

Das Projektteam der BEW führt detailliert ein elektronisches Logbuch zum Robotik-Projekt und hält darin sämtliche Auffälligkeiten, Mängel und Probleme während der Testphase fest – beispielsweise, wenn der Roboter eine vorgegebene Mission einmal unerwartet abgebrochen oder keinen Report von einer autonomen Inspektionsfahrt geliefert hat. „Es läuft sicher noch nicht alles rund zu Anfang unserer Testphase. Ähnlich wie ein Staubsaugerroboter zu Hause bleibt auch unser Inspektionsroboter gelegentlich hängen. Aber wir probieren den Roboter jetzt erst einmal ausgiebig aus und bewerten ihn dann“ erklärt Wolde. Beim Testprojekt gehe es auch darum, frühzeitig Erfahrungen für mögliche künftige Anwendungsfälle zu sammeln. „Wer sich nicht mit der neuen Technologie beschäftigt, kann bei ihrer Nutzung auch nicht mitreden“, so Wolde.

 

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Alle Mitarbeitenden im BHKW wissen, dass ein Roboter dort seine Inspektionsrunden dreht.

 

Robotik ersetzt digitale Sensoren

In der Industrie gewinnen Robotik und KI zunehmend an Bedeutung. Statt Industrieanlagen mit Hunderten oder Tausenden neuer digitaler Sensoren auszustatten, setzen immer mehr Unternehmen auf Roboter als mobile Sensorzentren. Dies ermöglicht es den Betrieben, qualitativ hochwertige Inspektionszyklen beizubehalten und gleichzeitig Mitarbeiter von routinemäßigen Aufgaben zu entlasten – Potenziale, die Marc Dassler, CEO und Mitgründer von Energy Robotics, mittelfristig auch für die BEW Berliner Energie und Wärme realisiert sieht. „Für die Mitarbeitenden sind autonome Roboter, die Inspektionsaufgaben zuverlässig erledigen, ein wahrer Segen. Statt zeitaufwändigen Routineaufgaben nachzugehen, können sich die Mitarbeitenden auf andere, wichtigere Aufgaben konzentrieren.“

Welche konkreten Aufgaben KI-gesteuerte Robotik übernehmen kann, erläutert Dassler am Beispiel der Drucküberwachung per Manometer: Normalerweise muss das Druckmessgerät immer noch ein Mensch ablesen und interpretieren. Diese Aufgabe lasse sich jedoch automatisieren: „Unser Roboter liest das Manometer nicht nur mit Hilfe unserer KI-Fähigkeit ab, sondern leitet den Messwert auch mit einer Handlungsempfehlung an den zuständigen Mitarbeitenden weiter“, so Dassler. „Wenn der Wert beispielsweise eine kritische Schwelle überschreitet, sendet der Roboter ein Alarmsignal an die bedienende Person, damit diese entsprechend reagieren kann.“

Über neue Releases der Softwareplattform will Energy Robotics die Fähigkeiten seiner Roboter kontinuierlich weiterentwickeln. Perspektivisch kommen weitere Fähigkeiten wie beispielsweise eine Ölstanderkennung hinzu, die auch im BHKW Altglienicke gefragt wäre. „Wir haben gerade erst angefangen, die Potenziale auszuschöpfen und freuen uns daher auf die bevorstehenden Monate im Projekt mit spannenden neuen Erkenntnissen“, meint Projektleiter Jörg Wolde.